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Geschichtsexkursion nach Theresienstadt

Jedes Jahr fahren die Schüler im November im Fach Geschichte für zwei Tage zur Exkursion nach Theresienstadt. Sie übernachten in Térezin in der Magdeburger Kaserne. Zahlreiche Veranstaltungen standen auf dem Plan. Über das Erlebte wird im folgenden Abschnitt berichtet.

Der erste Tag

7.30 Uhr trafen wir uns alle im Foyer der Schule und 8.00 Uhr ging die Fahrt los. Nachdem wir die tschechische Grenze hinter uns gelassen hatten, gab uns Frau Neuper einige Informationen über die Tschechei und das Böhmische Mittelgebirge. Nach etwa zwei Stunden kamen wir in Térezin an, wo wir in der Magdeburger Kaserne übernachteten, in der früher der Ältestenrat saß. Es wurden die Zimmer bezogen und danach trafen wir uns alle auf dem Dachboden, wo uns kurz das Programm für die zwei Tage von den zwei Freiwilligen Sasha und Friedemann vorgestellt wurde. Am nächsten Tag begannen wir um 10 Uhr mit einer Führung durch das Ghetto Theresienstadt.

Uns wurden verschiedene wichtige Gebäude gezeigt, wie z.B. die Mädchen- und die Jungenschule sowie der Sitz des Stadtrates. Friedemann erklärte uns sehr viel Interessantes über die Abläufe in Theresienstadt. Man erlebt die Geschichte dort viel „näher“, weil man durch genau dieselbe Stadt geht, in der früher diese grausamen Taten stattfanden. Wir sehen uns auch das Kolumbarium an, in dem die Asche der Opfer aufbewahrt wurde. Zum Ende der Führung besichtigten wir die Gaskammer, in der sogar noch die Verbrennungsöfen stehen. Vor der Gaskammer ist ein jüdischer Friedhof.

Nach dem Mittagessen trafen wir uns dann, um gemeinsam zum Ghettomuseum zu gehen. Dieses ist in dem Gebäude des ehemaligen Knabenheims. Zunächst sahen wir uns die Ausstellung im Erdgeschoss an, in der es um die Kinder geht, die während der Ghettozeit Theresienstadts (1941-45) dort lebten. Besonders beeindruckend fanden wir, dass die Kinder es schafften, heimlich eine Zeitung zu erstellen, die einmal pro Woche erschien. Diese Zeitung war größtenteils mit Hand geschrieben, deswegen erschienen nur wenige Ausgaben (manchmal nur eine) pro Auflage. Genauso erschreckend waren die unzähligen Namen der Kinder, die in dem Ghetto lebten, welche auf großen Gedenktafeln verewigt wurden. In dem Obergeschoss konnten wir uns über die Judendeportation informieren. Auch dies war sehr interessant und auch hier lasen wir unglaubliche Geschichten.

Zuletzt ging es dann in den Keller des ehemaligen Kinderheims. Dort fanden wir eine Wanderausstellung zum Thema Euthanasie vor. Und wir konnten uns ein Modell von Theresienstadt ansehen. Das gesamte Museum war sehr interessant und informativ, sodass wir alle etwas dazulernten.

15.30 Uhr trafen wir uns alle im Dachgeschoss der Kaserne, um den Workshop „Von der Nummer zum Namen“ durchzuführen. Hierbei ging es darum, in Gruppen von fünf bis sechs Schülern etwas über einen Menschen herauszufinden, von dem wir anfangs nur die Transportnummer kannten. Jede Gruppe bereitete schließlich einen Vortag vor, welche wir dann den anderen präsentierten.

In diesen Vorträgen lernten wir Peter Ginz, einen Jungen aus dem Knabenheim, der die Idee zu der Zeitung hatte, und Valtr Eisinger, den Leiter dieses Heimes, der für seine warme Art bekannt war, kennen. Leopold Haas, ein nazikritischer Zeichner, Hans Krása, ein Komponist, der in Theresienstadt eine Kinderoper inszenierte, Helga Weiß, eine Schülerin, die viele hundert Bilder über das Ghetto und Auschwitz malte, und Alfred Hirsch, der sich extrem um die Kinder sorgte, waren auch dabei.

Nach dem Abendbrot trafen wir uns auf dem Dachboden der Kaserne, um den Abend gemeinsam mit einem Film ausklingen zu lassen. In diesem Film, „Der letzte Schmetterling“, ging es um einen französischen Pantomimen, der mit den Kindern aus Theresienstadt eine Theateraufführung für den Besuch des Roten Kreuzes im Ghetto einstudieren sollte. Nach der Aufführung vor Abgesandten des Roten Kreuzes wurden er und das ganze Ensemble durch die SS in die Vernichtungslager im Osten deportiert.

Der zweite Tag

Unser Ziel war die etwas außerhalb liegende „Kleine Festung“. Sie diente im Zweiten Weltkrieg als Gefängnis der Prager Gestapo. 9.00 Uhr begann eine Führung durch das Gelände und die dazugehörigen Gebäude.

Wir erfuhren, dass auf einer Fläche von 14m² teilweise 65 Häftlinge zusammengesperrt waren. Der bekannteste Inhaftierte war der Hauptverantwortliche für das Attentat von Sarajevo, Gavrilo Princip. Der Höhepunkt der Führung war das Durchlaufen eines 497m langen Geheimgangs.Anschließend wurde noch ein Propagandafilm aus Theresienstadt gezeigt.

Als wir wieder in unserer Unterkunft waren, erzählte Michaela Vidkláková von ihrer Vergangenheit. Sie ist als 5-jähriges Kind nach Theresienstadt gekommen. Bald nach dem Eintreffen wurde sie krank und war insgesamt ein Jahr im Ghetto-Krankenhaus. Dort lernte sie einen deutschen Waisenjungen kennen, der ihr seine Sprache beibrachte.

Die Zeitzeugin sprach sehr gefasst von ihren Erlebnissen und beteuerte mehrmals, dass ihr Überleben größtenteils Glück war. Alle verfolgten das Gespräch interessiert. Trotz vieler Bilder war die Zeit in Theresienstadt, wie sie Michaela Vidkláková erlebte, schwer vorzustellen.

13.15 Uhr versammelten wir uns alle ein letztes Mal auf dem Dachboden der Magdeburger Kaserne, um in einer Feedback-Runde zu erzählen, was einem gefallen hat und was nicht. Gelobt wurden die Führungen und das „Feeling“, mittendrin zu sein. Kritisiert wurde vor allem die Zeitplanung, da es oft kurzfristige Änderungen des Ablaufs gab.

14.08 Uhr fuhr der Bus in Theresienstadt ab. Von dieser Reise haben wir bewegende und einige traurige Geschichten mitgenommen. Dadurch, dass wir uns mit einzelnen Schicksalen beschäftigt haben, ist es keine graue Masse, die durch Theresienstadt gegangen ist und vielleicht auch noch dort gestorben ist, z.B. durch Krankheiten, die wegen mangelnder Hygiene ausbrachen.

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